“Jungs gegen Mädchen - Mädchen gegen Jungs”
Praxisidee für ein Medienprojekt zum Thema Geschlechtsstereotype und gendersensible Pädagogik in Alltag und Medien.
Alter: ab 3 Jahren
Sozialform: Gesamtgruppe, Kleingruppe, Einzelarbeit
Ressourcen:
- Geschichte
- Bastelmaterial
- Digitalkamera
- optional: Tablet , Smartphone, Stativ
- Anschauungsmaterial der Kinder (Puppen, Kuscheltiere, Medienheld:innen...)
Kompetenzen:
- Sprachlich-kommunikative Kompetenz: Reden über Medien, Verarbeiten von Medienerlebnissen
- Kreative Kompetenz: Kreativität und Fantasie
- Emotionale Kompetenz: Empathie, sich in andere (die Medienhelden) hineinversetzen
- Soziale Kompetenz: Aufgreifen von gendersensiblen Inhalten anhand des Kindergartenalltags bzw. Medienalltags
- Sachkompetenz: Wissen über die eigenen (Kinder)-Rechte
Diese Praxisidee eignet sich als größeres Medienprojekt und ist in 4 Module unterteilt. Die Module können aufbauend, oder auch auch einzeln angeboten werden.
Modul 1 - Geschichte "...,weil du ein Mädchen bist!"
Material
Um das Thema “Gender” in den Kindergartenalltag zu bringen, bietet es sich an, als Einführung eine Geschichte zu wählen, mit der sich die Kinder ein Stück weit identifizieren können. Da die Geschichte eine mögliche Lebensrealität eines Kindergartenalltags widerspiegeln soll, eignet sie sich für Kinder ab 3 Jahren. Wenn Sie lieber mit Bilderbüchern arbeiten, finden Sie unter den weiterführenden Links Buchempfehlungen zum Thema Gender und Geschlechtsstereotypen.
Vorlesen der Geschichte
In der Geschichte “...,weil du ein Mädchen bist!” begegnen Sie einer Kindergartengruppe, die im Freispiel intensiv typische Geschlechtsstereotypen ausspielt. Die Kinder in dieser Geschichte haben die Idee, dass gewisse Eigenschaften und Fähigkeiten, nur einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen sind. Besonders schwierig ist die Situation an diesem Tag für die Freunde Marius und Ida.
Die beiden sind nämlich ein Bub und ein Mädchen - und trotzdem beste Freunde. Während Marius sich der Bubengruppe anschließt und dort gegen die Mädchengruppe protestiert, taucht Ida - die mit so einer Trennung gar nichts anfangen kann - in eine fantastische und spannende neue Welt ein - dank eines Buches, dass niemand kennt und wie aus Zauberhand seinen Weg in ihre Hände findet.
Eine Geschichte über Gleichheit, Stärken, Interessen, Medieneinflüsse und Kinderrechte.
Reflexion
Im Anschluss an die Geschichte, bietet es sich an mit den Kindern anhand einiger Reflexionsfragen, das Gehörte zu hinterfragen.
Beispiele für Reflexionsfragen finden Sie hier:
- Was seht ihr eigentlich gern im Fernsehen?
- Ist das wirklich so wie in der Geschichte? Sind Superhelden immer Buben?
- Wann ist ein:e Held:in wirklich ein:e Held:in?
- Habt ihr Vorbilder/Lieblingsfiguren?
- Wie würde es euch gehen, wenn plötzlich in der Gruppe “Buben gegen Mädchen” herrschen würde?
Modul 2 - Medienheld:innen zu Gast
Spielzeugtag mit den Lieblings-Held:innen
An einem bestimmten Tag dürfen die Kinder persönliche Medienheld:innen oder Gegenstände in den Kindergarten mitbringen. Es muss keineswegs eine Figur sein, die Kinder sollen frei wählen dürfen, welche/n Held:in (Medienheld:in, Kuscheltier, etc...) oder welches Objekt sie im Kindergarten präsentieren möchten. Die Kinder können tauschen oder teilen und so auch die Figuren der anderen kennenlernen.
optionale Variante: Wenn es die Möglichkeit gibt, könnte man über den Tag hinweg, mit einem Tablet gemeinsam mit den Kindern nach Bildern der Figuren im Internet suchen.
Gespräch
In der Mitte kann für die Spielzeuge ein passender Platz aufbereitet werden. Dort werden die “Mitbringsel” der Kinder willkommen geheißen und an einem schönen Platz drapiert und bewundert. Jetzt wird es Zeit die “Besucher:innen” kennenzulernen. Jedes Kind darf seinen Begleiter oder seine Begleiterin den anderen Kindern vorstellen. Dazu können bspw. folgende Fragen gestellt werden, um die Selbstreflexivität der Kinder anzuregen:
- Wen hast du heute mitgebracht?
- Was findest du denn an dieser Figur ganz besonders toll und warum?
- Kennst du jemanden, der auch so schlau/mutig/stark/fröhlich/abenteuerlustig/musikalisch,... ist wie diese Figur?
- Warum denkst du, kann der/die/das alles?
Wenn Sie das erste Modul mit der Geschichte “..,,weil du ein Mädchen bist” durchgeführt haben, bietet es sich hier an, eine Verbindung dazu aufzubauen. Insbesondere dann, wenn die Kinder gewisse Fähigkeiten ihrer Figuren auf typischen Geschlechterrollen projizieren.
Modul 3 - "Wir schreiben Geschichte"
Material
- Bastelmaterial
Einführung
Gespräch über die persönlichen Medienheld:innen der Kinder (siehe Modul 2)
Aktivität "Ideenwerkstatt"
Die Kinder können eigene Held:innen kreieren und am Basteltisch zum Leben erwecken. Wer noch keine Figur zeichnen kann oder möchte, kann dennoch ein wichtiger Teil der Geschichte werden, denn jede gute Geschichte braucht nicht nur Held:innen, sondern auch Häuser, Bäume, Sträucher, Blumen, Fahrzeuge, Wiesen, Sterne und noch vieles mehr.
Als Anregung kann der Basteltisch als eine Art “Atelier” eingerichtet werden.
Analoge Variante: Man sucht sich verschieden Bilderbücher und platziert diese auf einem Angebotstisch neben Bastelbereich. Die Kinder können sich Ideen zu Umgebungen oder Figuren holen - auch die persönlichen Held:innen der Kinder können auf so einen Angebotstisch Platz finden.
Als digitale Variante, kann man den Kindern auch zum Beispiel ein Tablet anbieten, wo verschieden Bilder abgespeichert sind. Dort können die Kinder auf “Recherche” gehen und sich inspirieren lassen. Kindgerechte Rechercheseiten finden Sie hier
In dieser "Ideenwerkstatt" können die Kinder ihrer Fantasie freien Lauf lassen und Momente oder Figuren gestalten, die später in eine Gesamtgeschichte zusammengefügt werden.
Sobald die Kunstwerke fertig sind, können Sie mit den Kindern Gespräche über ihre Kreationen führen und festhalten, welche Ideen / Gedanken / Namen oder Fähigkeiten hinter den Zeichnungen stecken. Diese Kunstwerke können in einer eigenen Kiste oder einem Karton gesammelt werden - auch dieser kann von den Kindern mitgestaltet werden.
Modul 4 - "Premiere"
Material
- Digitalkamera, Zeichnungen der Kinder, optional: Tablet
Diese Modul knüpft an das Modul 3 an und ist die Zusammenführung und der Abschluss des Projekts.
Gespräch
In einem Gespräch kann mit den Kindern noch einmal gemeinsam besprochen werden, wie die Geschichte angeordnet werden soll. Jede Zeichnung sollte in irgendeiner Form einen Platz in der Geschichte bekommen. Hierzu gibt es verschiedene Varianten, die sich vor allem nach Ihren technischen Ressourcen im Haus orientieren.
Geschichte erfinden
Gemeinsam mit den Kindern können kleine und große Geschichten, anhand der Mal-, und Bastelarbeiten erfunden werden. Jedes Kind sollte mit dem eigenem Kunstwerk in der Geschichte Platz finden. Dies kann entweder in der Gesamtgruppe oder in der Kleingruppe geschehen. Die Kinder sollen hier vor allem in ihrer Fantasie angeregt und in ihren Ideen bestärkt werden. Werden einer Figur sehr straffe und typische geschlechtsstereotype Eigneschaften zugeschrieben, so bieten sich die Reflexionsfragen aus den vorangegangen Modulen an. Diese Fragen begleiten den Prozess und fördern eine sensible Selbstreflexivität.
Analoge Variante: Die Bildgeschichte
Von jeder Zeichnung wird mit einer Digitalkamera oder dem Handy ein Bild gemacht. Diese können anschließend ausgedruckt werden und gemeinsam mit den Kindern angeordnet werden. Der Vorteil an dieser Variante ist, dass die Geschichte bei jedem Mal auflegen, neu erfunden werden kann. Es braucht nicht zwingend ein Skript dahinter, da die Geschichte spontan entsteht und sich an der Anordnung der Bilder orientiert.
Digitale Variante (iOs): Shadow Puppet Edu
Für diese Option brauchen Sie ein Tablet mit iOs Betriebssystem. In dieser App können die Zeichnungen der Kinder abfotografiert und gemeinsam mit den Kindern vertont und zu einem Film zusammengefügt werden. Mehr Informationen zur App finden Sie hier
Digitale Variante (Android): InNote
Für Android-User:innen bietet sich die App InNote an. InNote ist eigentlich als NotizApp kreiirt worden, man kann diese aber sehr gut für das Gestalten von E-Books verwenden. Mehr Informationen finden Sie hier
Präsentation
Die fertigen "Filme" oder Bildgeschichten können anschließend der Gesamtgruppe präsentiert werden und eignen sich auch als Elternarbeit.
Sachinformationen
Medienheld:innen im Kindergarten
Medienheld:innen können Vorbilder für die Kinder sein. Sie beeindrucken und regen die Fantasie an. Diese Figuren begleiten Kinder manchmal stark im Alltag und beeinflussen so auch das Spiel im Kindergarten. An dieser Stelle wird auch die Relevanz für die elementarpädagogische Praxis deutlich. Unter nachstehenden Links, finden Sie weitere Anregungen und Sachinformationen.
Die Bedeutung von Gender
Die Thematik um Gender und Schule wird seit Ende der 1970er Jahre in engem Zusammenhang mit Erkenntnissen der Frauen- und Geschlechterforschung diskutiert. Gender ist ein Sammelbegriff für alle mit dem Geschlechtsunterschied verbundenen Eigenschaften, Verhaltensweisen, Stereotype, sozialen Zuordnungen, kulturellen Zuschreibungen etc., die nicht biologisch vorgegeben sind.
“Biologische Tatsachen sind keine Festschreibungen für Verhalten, Charakter oder Fähigkeiten. Anders als die biologische Einteilung bezeichnet der Begriff “Gender” die sozialen und kulturellen Aspekte geschlechtlicher Identität, die auch ein Ergebnis von Bildung, Erziehung, Rollenzuweisungen und Selbstidentifikation ist.”
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen & Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hg.) (2012). Gemeinsam Verantwortung tragen. Bayerische Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende des Grundschulalters. (S. 33‐34)
Weiterführende Ideen
Bilderbücher
Vertiefend oder optional zur Geschichte, bieten sich einige Bilderbücher zum Thema Gender und Geschlechtssterotypen an. Eine Übersicht finden Sie bei WienXtra.
Erklärvideo
Gemeinsam mit den Kindern kann das Thema Gender besprochen werden. Ein einfaches Erklärvideo finden Sie hier.
MeKi Praxisideen
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MeKi-Artikel
- Das Fernsehen als Leitmedium
- Die Medienhelden der Kinder
- Verarbeitung von Medienerlebnissen
- Merkmale kindgerechter Medien
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