Der kindliche Medienumgang

Kinder kommen von Geburt an mit Medien in Berührung und können Medien, abhängig von der Entwicklung, unterschiedlich aktiv Nutzen. Verschiedene Einflussfaktoren prägen den Medienumgang nachhaltig.

"Der medienfreie Raum Kindheit ist Illusion. Kinder kommen vom ersten Lebenstag an mit Medien in Berührung", meint Theunert (2007, S.92). Sie beschäftigt sich mit dem Prozess der Medienaneignung in den ersten Lebensjahren und geht näher auf Einflussfaktoren und Entwicklungsstufen ein.

Einflussfaktoren

Wie Kinder Medien wahrnehmen und handhaben hat mit mehreren Faktoren zu tun:  "Moderiert wird der Prozess der Medienaneigung von persönlichen Faktoren und Lebensverhältnissen, von kulturellen Zuordnungen und in besonderem Maße von Sozial- und Bildungsmilleu." (Theunert 2007, S. 93).

Das Kind

Wie bereits im Artikel "Entwicklungspsychologische Grundlagen" beschrieben, müssen Kinder Medien begreifen um sie zu verstehen. Hierzu ist es notwendig, dass der Entwicklungsstand mit den Medienangeboten übereinstimmt. Dies muss nicht bei jedem Kind dem gleichen Alter entsprechen. Die Begleitung des Kindes bei der Mediennutzung und das Gespräch sowie Erklärungen können sich hier positiv auf die Medienerfahrung auswirken. Des Weiteren wird die Medienauswahl von "handlungsleitenden Themen" (Theunert 2007, S. 95) beeinflusst. Wie im Artikel "Funktionen der Medien" beschrieben, beschäftigen sich Kinder über die Medien mit für sie aktuellen Themen, Problemen usw.

Soziales Umfeld

Ab der Geburt tritt das Kind mit der Umwelt in Kontakt und wird von ihr beeinflusst (Sozialisation). Die Familie als primäre Sozialisationsinstanz hat demnach in den ersten Lebensjahr am meisten Einfluss und gibt den Rahmen vor, in dem das Kind Medienerfahrung machen kann.  Hier beeinflusst die Familienstruktur, der sozio-kulturelle Hintergrund, das Bildungsniveau der Eltern und der Mediengebrauch in der Familie.  Im Laufe der Zeit kommen weitere Sozialisationsinstanzen wie der Kindergarten und gleichaltrige Kinder hinzu. Diese bekommen im Lauf der Zeit eine immer wichtigere Rolle. "Da die ungleich verteilten Chancen der Sozial- und Bildungsmilieus massiv auf den kompetenten Medienumgang durchschlagen, haben die Erziehungseinrichtungen eine hohe Verantwortung für Ausgleich zu sorgen" (Theunert 2007, S.98).

Medien

Die Familie und das soziale Umfeld bestimmen mit, welche Medieninhalte ein Kind konsumiert. Dadurch hat kein Kind die selben Medienerfahrungen wie ein anderes. Entscheidend ist hier, welche Medieninhalte ein Kind zu sehen bekommt. Sind es dem Alter angemessene Inhalte oder sind die Kinder damit überfordert? Das Fernsehen ist bis jetzt am meisten erforscht und sehr oft Leitmedium der Kinder (am TV, Smartphone und Tablet). Hier ist jedoch die Begleitung der Eltern essenziell um Gefahren vorbeugen zu können. 

Medienaneignung als Prozess

Helga Theunert bringt diese verschiedenen Einflüsse  zusammen und unterteilt den Prozess der Medienaneignung von 0-6 Jährigen Kindern daher in drei Stufen:

1. Medien registrieren

Bereits Säuglinge kommen mit Medien in Kontakt. Dies passiert über die Eltern, denn diese nutzen Medien tagsüber, fernsehen während des Stillens, schreiben Chat-Nachrichten während des Schlafengehens usw. Der Familienalltag ist von Medien geprägt, dass zeigt auch die Safer-Internet-Studie von 2020 .

"Schon Säuglinge registrieren die akustischen und optischen Reizquelle Medien und versuchen sie zu kontrollieren" (Theunert 2007, S 100).  Das bedeutet, Säuglinge nehmen optische oder akustische Quellen wahr und reagieren sehr unterschiedlich darauf. Es ist noch nicht gut erforscht, wann sie neugierig sind und wann es sie stört.

Im Kleinkindalter begreifen Kinder dann Medien mit allen Sinnen. Zudem versucht es Handlungen der Eltern oder die es aus dem Fernsehen kennt, nachzuahmen (z.B. auf der Computertastatur schreiben, mit dem Handy telefonieren) (vgl. Theunert 2007, S 100).

Das Kind kann nachhaltig in seinen Medienvorlieben beeinflusst werden, wenn es z.B. von klein auf Kuscheltiere von Figuren aus Kindersendungen besitzt. Die Produzenten von Kindersendungen wissen wie sie früh mit Mehrfachvermarktung, die Vorlieben für ihr Produkt steigern (vgl. Theunert 2007, S 100).  Der Umgang der Familie mit den Medieninhalten und der Nutzung der Medien ist jedoch entscheidend für die weitere Entwicklung. Ihre Aufgabe ist den Umgang mit Medien von Kleinkindern zu regulieren und angemessen zu gestalten (weitere Infos dazu finden Sie im Artikel "Die Rolle der Familie in der Medienerziehung")

2. Medien entdecken

Spätestens ab dem dritten Lebensjahr wollen Kinder die Funktionen der Medien kennenlernen. Kinder versuchen Medien zu bedienen, sich bevorzugte Medieninhalte zu wünschen und sich die Tageszeit zu merken, wann es die Lieblingssendung spielt (vgl. Theunert 2007, S 101).

Ab nun entwickelt sich das Medienverständnis, gemeinsam mit der geistigen und sozial-moralischen Entwicklung der Kinder, stetig weiter. Inhalte können begriffen werden und Handlungen bei einfachen, linearen Geschichten können nachvollzogen werden. "Es gilt:  Was das Kind in der Realität nicht versteht, versteht es auch in den Medien nicht." (Theunert 2007, S 101).  Die Begleitung und die Interaktion mit Bezugspersonen während oder nach dem Medienerlebens hat jedoch den größten Einfluss auf das Entwickeln des Medienverständnisses (vgl. Theunert 2007, S 101).

3. Medien in den Alltag integrieren

"Je mehr die Kinder die Medien verstehen, desto mehr werden deren Angebote für sie zum Erlebnis und als Quelle der Weltaneignung zunutze gemacht." (Theunert 2007, S 101).  Medien werden nach und nach erforscht, Kinder entwickeln Vorlieben und es entsteht der Wunsch diesen nachzugehen. Das aktive Tun und die Auseinandersetzung rücken dabei immer mehr ins Zentrum. In diesem Alter besitzen einige Kinder schon eigene Geräte. Die Mediennutzung wird immer häufiger. Fernsehen ist dabei eine sehr häufige Medienaktivität und wird zur Unterhaltung als auch als Wissensquelle genutzt. (vgl. Theunert 2007, S 102)

Innerhalb der Familie werden Medien sehr oft zum Konsumieren von Medieninhalten genutzt und auch als "digitaler Schnuller" eingesetzt. Hier hat der Kindergarten die Chance und Aufgabe die kreative und aktive Nutzung aufzuzeigen. 

Nicht alle Medien eignen sich daher für jede Altersstufe, außerdem muss man zwischen konsumieren und aktivem Arbeiten mit Medien unterscheiden. Mehr Infos dazu finden Sie im Artikel " Das passende Medium für jedes Alter".


Literatur

Theunert, Helga; Demmler, Kathtrin (2007): Medien entdecken und erproben. Null- bis Sechsjährige in der Medienpädagogik. In: Theunert, Helga (Hg.) (2007): Medienkinder von Geburt an. Medienaneignung in den ersten sechs Lebensjahren. Kopaed Verlag. S, 91- 118

Weiterführende Artikel

Ideen
BildDB