Meine liebsten Dinge müssen mit
In einem feinen Zusammenspiel zwischen Text und Bild wird der Frage nachgegangen, was Heimat ausmacht – und wie man sie mitnehmen kann, wenn man sie verlassen muss.
Autorin: Sepideh Sarihi
Illustratorin: Julie Völk
HerausgeberIn: Beltz & Gelberg 2018
Alter: ab 5 Jahren
Themen:
- Abschied
- Umzug
- Heimat
- Sehnsucht
- Migration
Seitenanzahl: 30 Seiten
Preis: € 13,40
„Als ich mich gerade kämmte, sagte Papa, dass wir bald ausziehen werden. Mama hat sich so gefreut. Papa auch.“ Auf dem Bild zu diesen drei Sätzen blicken wir frontal in eine Wohnung; die Eltern schauen – Hand in Hand vor einer Wand mit Kinderzeichnungen und Fotos stehend – ebenso aus der Illustration heraus wie das Kind im Vordergrund, auf einem Stuhl stehend und sich, wie es scheint, ein wenig ratlos die Haare raufend. In der Mitte können wir durch eine offene Tür in ein weiteres Zimmer mit einem gedeckten Tisch sehen und dahinter durch ein Fenster wieder hinaus in die Stadt. – Was für ein unaufgeregter und zugleich aufregender Einstieg in eine Geschichte, in der es um Veränderung geht, um einen Umzug in ein anderes Land, um die Frage, was man mitnehmen soll, wenn nur das Nötigste möglich ist. Der Holzstuhl, auf den das Mädchen auf dem ersten Bild steht und den ihr Opa für sie gebaut hat, der Birnbaum im Hof, die beste Freundin oder das Meer, das sie liebt, das alles hat in dem kleinen Koffer, den die Heldin füllen darf, keinen Platz. Wie ist es möglich, das alles mitzunehmen?
Die Qualität dieses Bilderbuchs liegt auch im Zusammenspiel von Text und Illustrationen: Ersterer stammt von Sepideh Sarihi. Im Iran geboren, wo sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hat, lebt sie seit 2012 in Deutschland. Ihre Geschichte, aus der Sicht des Kindes erzählt, ist kurz und knapp gefasst, reduziert auf das Wesentlichste. Und transportiert doch große Fragen: Was ist Heimat, was bleibt einem, wenn man von dort weggeht, was ist so wichtig, dass man es mitnehmen muss an den neuen Ort, wo man leben wird. Und in welcher Form ist das möglich?
Julie Völk, ausgezeichnete Illustratorin, die in der Nähe von Wien lebt, konkretisiert diese Erzählung einerseits, indem sie der alten Heimat des Mädchens einen orientalischen Anstrich gibt und der neuen einen mitteleuropäischen. Und lässt im Übrigen viel offen, findet für die Fragen, die der Text stellt, einfache, aber erhellende Bilder, setzt ihre feinen Bleistiftzeichnungen, die wie immer bei Julie Völk zurückhaltend koloriert sind, auf viel weißen Hintergrund. Und lässt damit den LeserInnen viel Raum, der mit eigenen Gedanken – und möglichen Antworten auf die Fragen – gefüllt werden kann.
Text und Empfehlung von: Institut für Jugendliteratur